Dritter Aufzug.
Erste Scene.
Olivia's Garten.
Ein wiziger Wett-Kampf zwischen Viola und dem Narren.
Zweyte Scene.
Sir Tobias mit seinem Freund, zu den Vorigen.
Bald darauf auch Olivia und Maria.
Dritte Scene.
Olivia und Viola allein.
Olivia.
Gebt mir eure Hand, mein Herr.
Viola.
Mit meinen unterthänigsten Diensten, Gnädige Frau.
Olivia.
Wie ist euer Name?
Viola.
Cäsario ist euers Dieners Name, schöne Princessin.
Olivia.
Meines Dieners, mein Herr? Die Welt hat ihre beste Anmuth verlohren,
seitdem man erdichtete Gesinnungen Complimente nennt: Ihr seyd
des Herzogs Orsino Diener, junger Mensch - -
Viola.
Und also der eurige, Gnädige Frau. Der Diener euers Dieners,
muß nothwendig auch euer Diener seyn.
Olivia.
An ihn denk' ich nun gar nicht; ich wollte, seine Gedanken wären
lieber gar leer als mit mir angefüllt.
Viola.
Gnädige Frau, ich komme in der Absicht, eure schönen
Gedanken zu seinem Vortheil zu wenden.
Olivia.
O, mit eurer Erlaubniß, ich bitte euch - - Ich sagt' euch
ja, ihr möchtet mir nichts mehr von ihm sagen. Ihr könntet
eine andre Sayte rühren, wo ich euch lieber hören wollte
als Musik aus dem Himmel.
Viola.
Gnädige Frau - -
Olivia.
Mit Erlaubniß, wenn ich bitten darf. Ich schikte euch, nach
der lezten zaubrischen Erscheinung, die ihr hier machtet, einen
Ring nach. Es war ein Schritt, dessen Bedeutung ihr nicht mißverstehen
konntet, und der mich vielleicht in euern Augen herabgesezt hat.
Was konntet ihr davon denken? Habt ihr deßwegen so nachtheilig
von meiner Ehre gedacht als ein unempfindliches Herz denken kan?
Einem von euerm Verstand, ist genug gesagt; ein Cypern, nicht
ein Busen dekt mein armes Herz. Und nun laßt hören,
was ihr zu sagen habt.
Viola.
Ich bedaure euch.
Olivia.
Das ist eine Stuffe zur Liebe.
Viola.
Nicht allemal; wir bedauren oft sogar unsre Feinde.
Olivia.
Wie dann, so ist es Zeit wieder zu lächeln. O Welt, wie geneigt
die Armen sind stolz zu seyn! Wenn man ja zum Raube werden muß,
so ist es doch besser durch einen Löwen zu fallen als durch
einen Wolf. (Die Gloke schlägt.) Die Gloke wirft mir
vor daß ich die Zeit verderbe. Fürchtet euch nicht,
guter junger Mensch, ich mache keine Ansprüche an euch; und
doch wenn Verstand und Jugend bey euch zur Reiffe gekommen seyn
werden, so wird eure Frau, allem Ansehen nach, einen feinen Mann
haben: Hier ligt euer Weg, westwärts.
Viola.
So wünsch' ich Euer Gnaden Vergnügen und guten Humor;
habt ihr mir nichts an meinen Herrn aufzugeben, Madam?
Olivia.
Warte noch; ich bitte dich, sage mir was du von mir denkst?
Viola.
Ich denke, ihr denkt ihr seyd nicht was ihr seyd.
Olivia.
Wenn ich so denke, so denk ich das nemliche von euch.
Viola.
Und so denkt ihr recht, ich bin nicht was ich bin.
Olivia.
Ich wollt' ihr wäret wie ich euch wünschte.
Viola.
Würd' ich besser seyn, Madam, als wie ich bin? Ich wollt
es wäre so, denn izt bin ich euer Narr.
Olivia.
Wie anmuthig selbst Verachtung und Zorn auf seinen schönen
Lippen sizt.* Mördrische Schuld verräth sich nicht
schneller, als Liebe die sich verbergen will: Die Nacht der Liebe
ist Mittag. Cäsario, bey den Rosen des Frühlings, bey
meiner jungfräulichen Ehre und Treue, und bey allem in der
Welt, ich liebe dich so sehr, daß, troz allem deinem spröden
Wesen, weder Wiz noch Vernunft meine Leidenschaft verbergen kan.
Erzwinge dir daher, daß ich dir mein Herz selbst antrage,
keinen Grund es zu verschmähen; denke lieber so, (du wirst
so richtiger denken) gesuchte Liebe ist gut; aber ungesucht geschenkt,
ist sie noch besser.
Viola.
Ich schwöre bey meiner Unschuld und Jugend, ich habe Ein
Herz, Einen Busen, und Eine Treue, und diese hat kein Weibsbild;
noch wird jemals Eine Meisterin davon seyn als ich selbst. Und
hiemit, adieu, Gnädiges Fräulein; niemals werd' ich
mich wieder gebrauchen lassen, euch meines Herrn Thränen
vorzuweinen.
Olivia.
Komm nichts desto minder wieder; vielleicht mag es dir endlich
gelingen, dieses Herz, das izt seine Liebe verabscheut, zu einer
zärtlichern Gesinnung zu bewegen.
(Sie gehen ab.)
Vierte Scene.
Verwandelt sich in ein Zimmer in Olivias Haus.
Sir Tobias, Sir Andreas und Fabian.
Sir Tobias und Fabian bemühen sich den Sir Andreas zur
Eifersucht gegen den Cäsario oder die verkleidete Viola zu
reizen, und bereden ihn, Olivia habe dem Cäsario nur darum
so gut begegnet, um zu sehen, ob er, Andreas, so geduldig dazu
seyn werde; Sir Tobias sezt hinzu, sie habe ohnfehlbar erwartet,
daß er irgend einen tapfern Ausfall gegen seinen Nebenbuhler
wagen würde, und da dieses nicht geschehen, so sey er nun
ganz gewiß sehr tief in ihrer guten Meynung gefallen. Du
bist nun, sagt er, in den Norden, von meiner Nichte guter Meynung
hineingesegelt, wo du hangen wirst wie ein Eiszapfe an eines Holländers
Bart, wofern du dich nicht durch irgend eine kühne That wieder
losmachst - - Kurz, sie bereden ihn endlich, daß er sich
schlechterdings mit Cäsario schlagen müsse, und Sir
Tobias erbietet sich, diesem die Ausforderung zu überbringen;
welche zu schreiben dann Sir Andreas abgeht.
Fünfte Scene.
Fabian und Sir Tobias machen sich zum voraus über die
Kurzweile lustig, die sie von diesem Zweykampf erwarten. Sir Tobias
gesteht von seinem Freund daß er eine Memme sey; wenn man
ihn öfnete, sagt er, und ihr findet nur soviel Blut in seiner
Leber, daß eine Floh die Füsse darinn naß machen
könnte, so will ich den Rest der Anatomie aufessen. Indem
kommt Maria zu ihnen, und bittet sie mit ihr zu gehen und zu sehen,
wie seltsam sich Malvolio in seinen gelben, unter den Knien gebundnen
Strümpfen gebehrde, und wie pünctlich er der Vorschrift
des von ihr unterschobnen Briefs nachlebe. Er lächelt (sagt
sie) sein breites Gesicht in mehr Linien als auf der neuen Land-Carte
sind, die mit den beyden Indien vermehrt ist; ihr habt euere Tage
nichts so gesehen; ich bin gewiß, mein Fräulein wird
ihm eine Ohrfeige geben; wenn sie's thut, so wird er lächeln
und es für eine grosse Gunstbezeugung aufnemen.
Sechste Scene.
Verwandelt sich in die Strasse.
Sebastian und Antonio treten auf.
Sie freuen sich einander wieder zufinden; Sebastian bittet
seinen Freund mit ihm zu gehen, um die Merkwürdigkeiten der
Stadt zu sehen; Antonio antwortet, er getraue sich, weil er ehedem
gegen den Herzog gedient und ihm einen namhaften Schaden gethan
habe, nicht, sich so öffentlich sehen zu lassen, er bestellt
also den Sebastian auf den Abend ins Wirthshaus zum Elephanten,
giebt ihm, auf den Fall, wenn er etwann Lust hätte etwas
einzukauffen, seinen Beutel, und verläßt ihn, um ihm
das Nacht-Quartier zu bestellen.
* Von hier an bis zu Ende dieser Scene, ist im Original alles
in Reimen.
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