Vierter Aufzug.
Erste Scene.
Der Parlament-Saal in London.
Bolingbroke, Aumerle, Northumberland, Percy, Fizwater, Surrey,
der Bischoff von Carlisle, der Abbt von Westmünster, Herolde,
Officianten, Gerichtsdiener, und Bagot, treten auf.
Bolingbroke.
Ruft den Bagot hervor - - Sage nun ohne Scheu, was du von Glosters
Tode weißst; wer half dem Könige dazu, und wer vollbrachte
diese unglükselige That?
Bagot.
Wenn ihr das wissen wollt, so stellt mir den Lord Aumerle vor
die Augen.
Bolingbroke.
Vetter, tritt hervor, und sieh' diesem Mann in die Augen.
Bagot.
Milord Aumerle, ich weiß eure edelmüthige Zunge verschmäht
es, zu läugnen was sie einmal gesagt hat. In jener Zeit,
da Glosters Tod angezettelt wurde, hörte ich euch sagen:
Ist mein Arm nicht lang genug, da er von dem ruhigen Englischen
Hof bis nach Calais an meines Oheims Kopf reicht? Unter vielen
andern Reden, hört ich euch damals auch dieses sagen: Ihr
wolltet eher hunderttausend angebotne Cronen ausschlagen, als
daß Bolingbroke nach England zurük komme; und ihr seztet
hinzu, wie glüklich dieses euers Vetters Tod dieses Land
machen würde.
Aumerle.
Prinzen und Milords, was für eine Antwort soll ich diesem
niederträchtigen Mann geben? Soll ich meine schönen
Sterne so sehr entehren, und ihm wie einem der meines gleichen
ist, antworten. Und doch muß ich, oder ich muß es
leiden, meine Ehre von dem Geifer seiner verläumderischen
Zunge beflekt zu sehen. Hier ist mein Pfand, (er wirft seinen
Handschuh hin,) das Siegel des Todes, daß dich für
die Hölle auszeichnet. Du liegst, und ich will, daß
es falsch ist was du sagst, mit deinem Herzens-Blut beweisen,
so unwürdig es auch ist, den Stahl meines ritterlichen Schwerdts
zu besudeln.
Bolingbroke.
Bagot, nim dich in Acht; du sollt es nicht aufheben.
Aumerle.
Einen einzigen ausgenommen, wollt' ich, der Beste in dieser Versammlung
hätte mich so herausgefordert.
Fizwater.
Wenn du es zufrieden bist, daß ein andrer seinen Plaz nehme,
so ist hier mein Pfand gegen das Deinige. Bey dieser schönen
Sonne, die mir zeigt, wo du stehst, ich hörte dich sagen,
und du sprachst es mit einem pralerischen Ton, du seyest die Ursach
von des edlen Glosters Tod gewesen. Wenn du das läugnest,
so lügst du eine zwanzigfache Lüge, und mit diesem meinem
Schwerdt will ich sie in dein Herz zurük stossen, worinn
sie ausgebrütet wurde.
Aumerle.
Feige Memme, du hast das Herz nicht, so lange zu leben, daß
du diesen Tag sehest.
Fizwater.
Bey meiner Seele, ich wollt' es wäre in dieser Stunde.
Aumerle.
Fizwater, diß verdammt dich zur Hölle.
Percy.
Aumerle, du lügst; o seine Ehre ist in dieser Anklage so
rein, als du ein Bösewicht bist. Und daß du es bist,
das will ich, hier ist mein Pfand dafür, bis zum lezten Lebens-Athem
an dir beweisen. Heb' es auf, wenn du Muth hast.
Aumerle.
Und wenn ich es nicht thue, o dann verdorre meine Hand, und schwinge
niemals wieder den rächenden Stahl über den Helm meiner
Feinde! Wer beschuldigt mich noch mehr? Beym Himmel, ich nehm'
es mit allen auf Ich habe tausend Geister in meiner Brust, um
zwanzigtausend solchen wie ihr seyd, zu antworten.
Surrey.
Milord Fizwater, ich erinnre mich der Zeit sehr wol, da Aumerle
und ihr euch mit einander sprachet.
Fizwater.
Milord, es ist wahr; ihr waret dabey, und ihr könnt mir Zeugniß
geben, daß es wahr ist.
Surrey.
So falsch, beym Himmel, als der Himmel selbst wahrhaft ist.
Fizwater.
Surry, du lügst.
Surrey.
Ehrloser Bube, diese Lüge soll so schwer auf meinem Schwerdte
ligen, daß es Rache über Rache nehmen soll, bis du,
der mich lügen hieß, und deine Lüge, so ruhig
in der Erde ligen als deines Vaters Schädel. Zu dessen Beweiß,
ist hier das Pfand meiner Ehre; verbinde dich zum Kampf, wenn
du das Herz hast.
Fizwater.
Wie unnöthig spornst du ein feuriges Roß! Wenn ich
das Herz habe zu essen, zu trinken, Athem zu holen, so hab' ich
auch das Herz, Surrey in einer Wildniß aufzusuchen, und
ihn anzuspeyen, indem ich ihm sage, daß er lügt, und
lügt, und lügt: Hier ist mein Pfand, daß ich dich
zur Straffe ziehen will. So wahr ich in dieser neuen Welt zu gedeyhen
wünsche, Aumerle ist meiner wahrhaften Anklage schuldig.
Ueberdem hörte ich den verbannten Norfolk sagen, du Aumerle,
habest zween von deinen Leuten abgeschikt, den Herzog zu Calais
zu ermorden.
Aumerle.
Ist kein ehrlicher Christ hier, der mir einen Handschuh leiht,
damit ich sagen kan, daß Norfolk lügt; hier zieh ich
diesen ab, daß ich es auf ihn beweisen will, wenn er zurükberuffen
werden mag.
Bolingbroke.
Alle diese Händel sollen zur Entscheidung ausgesezt bleiben,
bis Norfolk zurükberuffen ist; und das soll er werden, und,
ob er gleich mein Feind ist, in alle seine Herrschaften wieder
eingesezt; wenn er wieder da ist, soll er gegen Aumerle seinen
Beweis machen.
Carlile.
Dieser ehrenvolle Tag wird nie gesehen werden. Eine lange Zeit
hat der verwiesne Norfolk für Jesum Christum, in glorreichen
blutigen Kämpfen für die Ehre des heiligen Creuzes,
mit schwarzen Heiden, Türken und Saracenen gefochten; hernach,
von der kriegrischen Arbeit abgemattet, nach Italien sich zurükgezogen,
und endlich zu Venedig seinen Leib dieser anmuthsvollen Erde,
seine reine Seele aber Christo, seinem Feldherrn, gegeben, unter
dessen Fahne er so lange gestritten hatte.
Bolingbroke.
Wie, Bischoff, ist Norfolk todt?
Carlile.
So gewiß ich lebe, Milord.
Bolingbroke.
Seliger Friede führe seine Seele in Abrahams Schooß!
- - Milords Appellanten, eure Händel sollen alle auf den
gewechselten Pfändern beruhen, bis wir euch den Tag zu eurer
Probe angesezt haben.
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