Zweyte Scene.
Ellbogen, Schaum, Harlequin und Gerichtsdiener.
Ellbogen.
Kommt, führt sie her; wenn das nüzliche Leute im gemeinen
Wesen sind, die nichts thun, als das Pflaster treten, und in H**
Häusern herumschwärmen, so versteh ich nichts vom Gesez.
Führt sie her.
Angelo.
Was giebts, mein Herr? Wie heißt ihr? Wovon ist die Rede?
Ellbogen.
Mit Euer Gnaden Erlaubniß, ich bin des armen Herzogs Policey-Aufseher
in diesem Quartier, und mein Name ist Ellbogen. Ich appelliere
an die Justiz, und bringe hier vor Euer Gnaden ein paar notorische
Beneficanten.
Angelo.
Beneficanten? Was haben sie denn Gutes gethan? Du willt Maleficanten
sagen, vermuthlich.
Ellbogen.
Euer Gnaden nehmen mir nicht übel, ich weiß nicht wer
sie sind; aber ausgemachte Buben sind es, das weiß ich gewiß,
und leer an aller Profanation, welche gute Christen haben sollten.
Escalus.
Das geht gut; das ist ein weiser Official.
Angelo.
Zur Sache; von was für einer Gattung Leute sind sie? Ellbogen
heißt ihr? Warum redst du nicht, Ellbogen?
Harlequin.
Er kan nicht, Gnädiger Herr; er hat ein Loch im Ellbogen.
Angelo.
Wer seyd ihr, Monsieur?
Ellbogen.
Er? Ein Bierzapfer, Gnädiger Herr, ein Schlingel von einem
H** Wirth, einer der bey einem übelberüchtigten Weibsbild
in Diensten ist; dessen Haus, Gnädiger Herr, wie die Leute
sagen, in den Vorstädten nieder gerissen worden ist. Izt
hält sie ein Badhaus, welches, denk ich, wohl so gut oder
nicht besser seyn wird, als ein H** Haus.
Escalus.
Woher wißt ihr das?
Ellbogen.
Mein Weib, Gnädiger Herr, die ich vorm Angesicht des Himmels
und Euer Gnaden detestire - -
Escalus.
Wie? dein Weib?
Ellbogen.
Ja, Gnädiger Herr, Gott sey Dank, sie ist ein ehrliches Weib - -
Escalus.
Und darum detestirst du sie?
Ellbogen.
Ich sage Gnädiger Herr, ich detestire mich selbst sowohl
als sie, daß dieses Haus, wenn es nicht ein H** Haus ist,
so daurt mich ihr Leben, denn es ist ein schlimmes Haus.
Escalus.
Und woher weist du es denn?
Ellbogen.
Sapperment, Gnädiger Herr, von meinem Weib, die, wenn sie
ein Weib wäre, das den cardinalischen* Lüsten nachhienge,
in diesem Haus in Hurerey, Ehebruch, und alle Unreinigkeit hätte
gerathen können.
Escalus.
Durch dieser Frauen Vorschub?
Ellbogen.
Ja, Gnädiger Herr, durch Frau Overdons Vorschub; aber sie
spie ihm ins Gesicht, wie er sie - -
Harlequin.
Mit Euer Gnaden Erlaubniß, es ist nicht so.
Ellbogen.
Beweis es, beweis es vor diesen Schurken, du Ehrenmann! beweis
es.
Escalus.
Hört ihr, wie er sich verspricht?
Harlequin.
Gnädiger Herr, sie gieng mit dem Kind als sie in unser Haus
kam, und hatte (mit Respect vor Euer Gnaden zu sagen) einen Gelust
nach gebratnen Pflaumen; Gnädiger Herr, wir hatten nur zwey
im Hause, und die lagen zu eben derselben Zeit, wie das begegnete,
in einem Confect-Teller, einem Teller für drey oder vier
Groschen; Euer Gnaden haben wol auch solche Teller gesehen, es
sind keine Porcellan-Teller, aber sehr gute Teller.
Escalus.
Weiter, weiter, es ist am Teller nichts gelegen - -
Harlequin.
Nein, in der That nicht, Gnädiger Herr, in diesem Stük
hat Euer Gnaden recht: Aber zur Sache zu kommen; wie ich sagte,
diese Madam Ellbogen gieng mit dem Kind, und hatte, wie ich sagte,
schon einen ziemlich grossen Bauch, und gelüstete, wie ich
sagte, nach Pflaumen, und es waren nur noch zwey auf dem Teller,
wie ich sagte; denn dieser Herr von Schaum hier, dieser Junker,
der hier steht, hatte die übrigen gegessen, wie ich sagte,
und er bezahlte sie ehrlich, das muß ich sagen; denn, wie
ihr wißt, Junker Schaum, ich konnte euch nicht drey Kreuzer
herausgeben - -
Schaum.
Nein, in der That.
Harlequin.
Das muß wahr seyn; ihr waret eben daran, wenn ihr euch noch
erinnert, die Steine von den vorbesagten Pflaumen aufzuknaken.
Schaum.
Ja, das that ich, in der That.
Escalus.
Fort, ihr seyd ein langweiliger Narr, zur Sache; was that man
denn Ellbogens seinem Weib, daß er Ursach zu klagen hat?
Kommt auf das, was man ihr that.
Harlequin.
Gnädiger Herr, Euer Gnaden kan noch nicht auf das kommen.
Escalus.
Das ist auch nicht meine Absicht.
Harlequin.
Aber Euer Gnaden soll darauf kommen, mit Euer Gnaden Erlaubniß;
und ich bitte euch, sehet einmal diesen Junker Schaum an, Gnädiger
Herr, einen Mann von achtzig Pfund Renten des Jahrs, dessen Vater
an aller Heiligen Tag gestorben ist. War es nicht aller Heiligen
Tag, Junker Schaum?
Schaum.
Aller Heiligen Abend.
Harlequin.
Gut, gut; ich hoffe, das ist ein Mann dem man glauben muß.
Er saß eben, Gnädiger Herr, wie ich sagte, in einem
niedern Sessel, Gnädiger Herr; es war in der Traube, wo ihr
in der That so gerne zu sizen pflegt; nicht wahr?
Schaum.
Es ist so, weil es eine hübsche offne Stube ist, und gut
für den Winter.
Harlequin.
Das heißt gesprochen, wie es sich gehört; ich hoffe,
hier ist ein Mann, der Glauben finden wird.
Angelo.
Das wird eine Rußische Nacht auswähren, wenn die Nächte
am längsten sind. Ich will mich beurlauben und es euch überlassen,
die Sache zu untersuchen, in der Hoffnung, ihr werdet gute Ursache
finden, ihnen allerseits den Staupbesen geben zu lassen.
(Geht ab.)
* Es braucht kaum der Anmerkung, daß Ellbogen den Fehler
hat, gerne lateinische Worte einzumengen, die er nicht recht ausspricht;
er sagt detestiren für attestiren, cardinalisch für
carnalisch. respectirt für suspect, u.s.w.
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