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Zweyte Scene.

Adriana, Luciana, Courtisane, und andre zu den Vorigen.

Adriana.
Haltet ein, thut ihm kein Leid, um Gottes willen haltet ein; er ist rasend; bemächtigt euch seiner, ihr; nehmt ihm seinen Degen; bindet den Dromio auch, und führt sie in mein Haus.

Dromio von Syracus.
Lauft, Herr, lauft; um Gottes willen, flüchtet euch in ein Haus; hier ist ein Kloster, denk' ich; hinein, oder wir sind verlohren.

(Sie lauffen in das Kloster.)
Die Frau Abbtißin tritt nach einer Weile auf.

Abbtissin.
Seyd ruhig, ihr Leute; warum drängt ihr euch so zu?

Adriana.
Um meinen armen verrükten Mann abzuholen; laßt uns hinein, damit wir ihn binden, und heim führen, um ihn wieder zurechte zu bringen.

Angelo.
Ich merkt's, daß er nicht recht bey Vernunft seyn müsse.

Kauffmann.
Wenn es so ist, so ist mir leid, daß ich gegen ihn gezogen habe.

Abbtissin.
Wie lang' ist der Mann schon in diesem Zustande?

Adriana.
Diese ganze Woche war er immer schwermüthig, dunkel und niedergeschlagen, und gar nicht, gar nicht mehr der Mann, der er ehmals war; aber bis zu diesem Nachmittag ist seine Krankheit nie bis zur völligen Wuth ausgebrochen.

Abbtissin.
Hat er etwann durch einen Schiffbruch grosses Gut verlohren? Hat er vielleicht irgend einen geliebten Freund begraben? Oder haben etwann seine Augen sein Herz zu einer gesezwidrigen Liebe verleitet? Eine Sünde, die bey jungen Männern, die ihren Augen die Freyheit herumzuschweiffen gestatten, nur allzugewöhnlich ist. Welches von diesen dreyen ist die Ursache seiner Zerrüttung?

Adriana.
Keine davon, es müßte dann die lezte seyn; nemlich, irgend eine Liebe, die ihn oft aus seinem Hause zog.

Abbtissin.
Ihr hättet ihn deßwegen zur Rede stellen sollen.

Adriana.
Ey, das that ich auch.

Abbtissin.
Ja, aber nicht scharf genug.

Adriana.
So scharf, als es mir meine Schamhaftigkeit erlauben wollte.

Abbtissin.
Vermuthlich nur, wenn ihr allein waret.

Adriana.
Nein, auch vor andern Leuten.

Abbtissin.
Aber vielleicht nicht oft genug.

Adriana.
O, es war der beständige Innhalt unsers Umgangs; im Bette schlief er nicht, so sehr rükt' ich's ihm vor; bey Tische aß er nicht, so sehr rükt ich's ihm vor; allein, war es das Thema meiner Beschwerungen; in Gesellschaft stichelt' ich immer darauf; unaufhörlich sagt ich ihm, wie schlimm und unrecht es sey.

Abbtissin.
Und daher kam es, daß der Mann närrisch wurde. Das giftige Geschrey eines eifersüchtigen Weibes verwundet tödtlicher als der Biß eines wüthenden Hunds. Du gestehst, daß ihn dein Schmälen nicht schlafen gelassen, daher kam es daß ihm sein Hirn austroknete; du sagst, du habest ihm sein Essen mit deinen Vorwürfen gewürzt, unruhige Mahlzeiten verursachen üble Verdauung: Daher zulezt das tobende Feuer des Fiebers, und was ist Fieber anders als ein Anstoß von Raserey? Du sagst, dein Gezänke hab' ihn bis in seine Ergözungs-Stunden verfolgt; wenn einem Mann alle angenehme Zeitkürzung verwehrt wird, was kan daraus erfolgen, als düstre Melancholie, ein verstörtes Temperament, ein zähes Blut, und verdorbne Feuchtigkeiten, die endlich das Leben selbst untergraben? In seiner Nahrung, in seinen Ergözungen, und in seinem Schlaf gestört werden; das wäre genug, einen Menschen zu einem Thier zu machen. Der Schluß ist also leicht gemacht, daß es bloß deine eifersüchtigen Grillen sind, die deinen Mann um seinen Verstand gebracht haben.

Luciana.
Sie macht' ihm niemals andre Vorstellungen als sehr gelinde, da er hingegen sich mürrisch und wild aufführte - - Warum leidet ihr diese Vorwürfe so geduldig, Schwester? Warum antwortet ihr nicht?

Adriana.
Sie hat mir das Gewissen ein wenig gerührt. - - Lieben Leute, geht hinein, und bemächtigt euch seiner.

Abbtissin.
Nein, kein lebender Mensch untersteh' sich in mein Haus einzudringen.

Adriana.
So laßt eure Bedienten meinen Mann heraus bringen.

Abbtissin.
Auch diß nicht; er wählte diesen heiligen Ort zu seiner Freystatt, und er soll darinn vor euern Händen sicher seyn; er soll so lange darinn bleiben, bis ich ihn wieder zurechte gebracht, oder alle meine Mühe im Versuch verlohren habe.

Adriana.
Ich will meinem Mann schon abwarten, ich will seine Krankenwärterin seyn, es ist meine Pflicht; ich will keine andre Wärterin bey ihm leiden, als mich selbst; und also gestattet, daß ich ihn mit nach Hause nehme.

Abbtissin.
Geduldet euch, ich werd' ihn ganz gewiß nicht fortlassen, bis ich meine bewährten Mittel an ihm versucht haben werde. Gesunde Säfte, Tränke und heilige Fürbitten, werden ihn, wie ich hoffe, in den gehörigen Stand wieder herstellen; es ist eine Pflicht der Christlichen Milde, die mein Ordens-Gelübde mir auflegt; begebt euch also weg, und laßt ihn hier bey mir.

Adriana.
Ich will nicht fort, und meinen Mann hier lassen; es steht Euer Hochwürden sehr übel an, Mann und Weib von einander trennen zu wollen.

Abbtissin.
Sey ruhig und geh', du sollst ihn nicht haben.

Luciana.
Beschwert euch bey dem Herzog über diese Gewaltthätigkeit.

(Die Abbtissin geht ab.)

Adriana.
Kommt mit mir; ich will ihm zu Füssen fallen, und nicht aufstehen, bis meine Thränen und Bitten Se. Durchlaucht gewonnen haben, in eigner Person hieher zu kommen, und meinen Mann der Abbtißin mit Gewalt abzunehmen.

Kauffmann.
Ich seh' an der Uhr, daß es bald fünfe seyn wird; ich bin versichert, der Herzog wird nicht lange mehr verziehen, in Person diesen Weg zu kommen, zu dem melancholischen Thal hinter den Gräben der Abbtey hier, wo die zum Tode Verurtheilten gerichtet zu werden pflegen.

Angelo.
Warum dieses?

Kauffmann.
Um einen Syracusischen Kauffmann sterben zu sehen, der unglüklicher Weise gegen die Geseze dieser Stadt, hier angeländet ist, und deßwegen den Kopf verliehren muß.

Angelo.
Seht, da kommen sie schon; wir wollen der Hinrichtung zusehen.

Luciana (zu Adriana.)
Thut einen Fußfall vor dem Herzog, indem er bey der Abtey vorbeygeht.

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