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Entstehung:
1599-1601
Buchhändlerregister:
18. Januar 1602
Erste Veröffentlichungen:
1602 1. (,,schlechtes") Quarto
1619 2. (,,schlechtes") Quarto
1623 im Ersten Folia
Erste Aufführungen
vom 1. Quarto als ,,bereits verschiedene Male aufgeführt" bezeichnet

Informationen

Die lustigen Weiber von Windsor

Am Schluß des zweiten Teils von ,,Heinrich IV." hatte Shakespeare im Epilog versprochen ,,die Geschichte fortzusetzen mit Sir John Falstaff drinnen und der schönen Katharina von Frankreich".

Doch nur die zweite Hälfte des Versprechens hat er in ,,Heinrich V." wahr gemacht. In dem patriotischen Hymnus auf Englands Größe und seinen Heldenkönig war kein Platz für den dicken Ritter, den einstigen Kneipgenossen des Prinzen.

Das Publikum hatte aber auch an den derberen Späßen in den Falstaffszenen des zweiten Teils von ,,Heinrich IV." viel Gefallen gefunden und war enttäuscht, als seine Lieblingsfigur einfach hinter der Bühne abgetan wurde. Und wenn eine Anekdote auf Wahrheit beruht, die der Dramatiker John Dennis in der Vorrede zu seiner Bühnenbearbeitung der ,,Lustigen Weiber", 1702, zuerst erzählt, so war es die Königin Elisabeth selbst, die sich zum Organ der Enttäuschten machte und den Dichter an sein Versprechen erinnerte.

,,Dieses Lustspiel", erzählt Dennis, ,,wurde auf Befehl der Königin geschrieben, und sie war so begierig es zu sehen, daß sie befahl, es in vierzehn Tagen fertigzumachen."

Sieben Jahre später, 1709, fügte Nicolas Rowe in seiner Shakespeare-Biographie hinzu, Elisabeth habe dem Dichter befohlen, Falstaff als Liebhaber auf die Bühne zu bringen, Diese Anekdote enthält durchaus nichts Unwahrscheinliches; sie paßt sehr gut zu dem recht kräftigen Geschmack und dem rücksichtslosen Willen der Königin, und sie erklärt uns gleichzeitig die Schwache und Oberflächlichkeit in der Charakterzeichnung des Stückes. Es war bestellte Arbeit, der Dichter hatte nur das Interesse, den Auftrag möglichst rasch zu erledigen.

Wollte Shakespeare Liebesabenteuer Falstaffs zum Gegenstand einer Komödie machen, so konnte dies nach dem zweiten Teil von ,,Heinrich IV." nur in der Weise'.'geschehen, daß der dicke Ritter gründlich geprellt und ausgelacht wurde. Denn schon in dem genannten Stück ist er ja nur mit passiver Komik bedacht.

Nun fiel Shakespeare ein Schwank ein, der sich dazu verwenden ließ, von einem Studenten zu Bologna, der drei Frauen zugleich glühende Anträge macht, worauf diese sich verbinden und ihn dreimal gar jämmerlich hereinfallen lassen. Einmal wird er, der sich vor dem heimkehrenden Gatten unter das Bett geflüchtet hat, von Dornen zerstochen, ein anderes Mal in einen Keller gestürzt, ein drittes Mal endlich im Schlaf auf die Straße hinausgetragen und dort einfach liegen gelassen.

So erzählte der italienische Novellist Straparola die Geschichte - freilich mit der Fortsetzung, wie sich der betrogene Liebhaber dann an den Frauen rächt. Aber auf der Bühne ließ sich keiner der drei Streiche darstellen, so daß Shakespeare gezwungen war, sie durch andere zu ersetzen.

Der erste und der dritte Streich mag ihn an einen Schwank erinnert haben, den zuerst Sir Giovanni Fiorentino in die Literatur eingeführt hat, wo ein Liebhaber einer verheirateten Frau sich vor der Wut des heimkehrenden Gatten dadurch rettet, daß er unter einem Haufen ungetrockneter Wäsche verborgen wird. Das ist die Novelle von der ,,Kunst zu lieben".

Ein Student zu Bologna will bei seinem Professor die Kunst zu lieben lernen. Dieser geht darauf ein und läßt sich von seinem Schüler über alle Fortschritte genauen Bericht erstatten, auch als er zu seinem Schrecken merkt, daß das Objekt seine eigene Gattin ist.

Von Eifersucht geplagt, sucht er das Paar bei zwei Zusammenkünften, die ihm der ahnungslose Student getreulich vorher anzeigt, zu überraschen, wird aber durch die List der Frau beidemal besiegt, so daß ihn die herbeigeeilten Nachbarn und Freunde schließlich für verrückt erklären.

Nun hat Shakespeare den Kern seiner Fabel: Falstaff macht mehreren Frauen zugleich Liebesanträge und wird dafür von ihnen gestraft. Er muß sich vor dem unvermutet heimkehrenden Gatten unter einen Haufen Wäsche verbergen - es ist schmutzige Wäsche, damit seine Lage unangenehmer sei - und wird, ohne daß er sich wehren kann, ausgesetzt: nicht im Hemd auf die kalte Straße, wie in den Wassergraben.

Den eifersüchtigen Ehemann aber hat Falstaff, ohne es zu ahnen, zum Vertrauten seiner Liebesplane gemacht. Natürlich darf dieser Ehemann keine tatsächliche Ursache zur Eifersucht haben - nicht weil Shakespeare eine strengere Moral hatte als der Italiener, sondern weil Falstaffs Werben nicht erfolgreich sein konnte. Für die beiden anderen Streiche, die dem leichtsinnigen Galan gespielt werden, war Shakespeare auf die eigene Erfindung angewiesen.

Ein glücklicher Einfall war die fatale Verkleidung als Hexe von Brentford, die dem dicken Falstaff eine gesunde Tracht Prügel einträgt. Die Alte selbst war eine populäre Figur in Shakespeares eigener Zeit. Dagegen ist die romantische Drapierung Falstaffs als wilder Jäger und seine Peinigung durch die kleinen Elfen gewiß einer Erinnerung an den ,,Sommernachtstraum" zu verdanken.

Der Weber Zettel mit seinem Eselskopf war freundlich bedient worden von den Elfen; Falstaff mit dem Hirschgeweih wird gezwickt und gepickt.

Die Zahl der Streiche - drei für den Liebhaber, zwei für den eifersüchtigen Ehemann - und damit die Disposition der Komödie war durch die italienischen Novellen gegeben. Die von Straparola war als ,,Die beiden Liebhaber von Pisa" 1590 in ,,Tarltons Neuigkeiten aus den Fegefeuer" in englischer Übersetzung erschienen.

An den zweiten Teil von ,,Heinrich IV." hat Shakespeare nur lose angeknüpft. Dort hatte am Schluß der neugekrönte König Heinrich V. seinen einstigen Freund Falstaff samt dessen ganzer Gesellschaft zehn Meilen von seiner Person verbannt.

Wir mögen uns vorstellen, daß der dicke Ritter die ihm ausgesetzte Pension in dem kleinen Städtchen Windsor verzehrt. Bei sich hat er die drei Spießgesellen aus der letzten Zeit: den diebischen Nym, der mit seinem Lieblingswort ,,Humor" blind um sich schlägt, den versoffenen Bardolf und den schwadronierenden Theatersoldaten Pistol.

Auch der Genosse seiner Enttäuschung bei der Thronbesteigung des neuen Königs, der alte Friedensrichter Sehaal teilt sein Exil. Er hat einen jungen Freund in dem einfältigen Grundherrn Schmächtig gefunden, der den Platz von Stille eingenommen hat, aber als Brautwerber dem Junker Christoph von Bleichenwang in ,,Was ihr wollt" am nächsten steht.

Den verschiedenen Renommisten aus ,,Heinrich IV." ist ein neuer Typus beigegeben in dem Wirt zum ,,Hosenband", dessen Freude an dröhnenden Worten ihn über deren Sinn sorglos hinweggehen läßt.

Verändert ist der Charakter der Frau Hurtig, die als Hauswirtin des Dr. Cajus eine respektable Stellung errungen hat. Nirgends findet sich eine Andeutung der im Anfang von ,,Heinrich V." mitgeteilten Tatsache, daß sie mit Pistol verheiratet isi. Die Gesellschaft wird vervollständigt durch den Pedanten und den Medicus, zwei volkstümliche Figuren aus der italienischen Stegreifkomödie, die aber von Shakespeare dadurch variiert sind, daß er beide als Angehörige fremder Nationen zeichnet.

Sir Hugh Evans, der Pfarrer und Schulmeister, ist Walliser, Dr. Cajus Franzose.

Der Walliser spielt eine komische Rolle im ersten Teil ,,Heinrichs IV." und in ,,Heinrich V."; offenbar schreibt Shakespeare hier immer noch für einen wallisischen Schauspieler in seiner Truppe.

Der das Englische ebenso schlecht behandelnde Franzose schließt sich gleichfalls an Szenen in ,,Heinrich V." an. Man weiß, daß Shakespeare gerade zu dieser Zeit bei einer französischen Barbierfamilie wohnte, und es ist nicht ausgeschlossen, daß er da ein Modell zu seinem heißblütigen Dr. Cajus kennengelernt hat. In all diesen Karikaturen ist aber der Einfluß Ben Jonsons deutlich zu bemerken.

Das Lustspiel ist fast ganz in Prosa abgefaßt, entsprechend seinem possenartigen Charakter; nur Fenton und seine Braut Anne Page gehören der höheren Komödie an und sprechen deshalb fast immer in Versen.

Die Eltern Page und das Ehepaar Fluth wenden den pathetischen Blankvers erst an, als in der 4. Szene des 4. Akts die eigentliche tolle Schwankstimmung für kurze Zeit gewichen und Fluth von seiner Eifersucht geheilt ist.

Natürlich sind die Reden der Elfen auch in Versen abgefaßt.

Das Stück bietet zwar sehr wirkungsvolle Situationskomik, aber die Charaktere sind hier nur oberflächlich gezeichnet. Auf der heutigen deutschen Bühne wird das Stück nicht oft gespielt, doch ist das Stück mit Verdis ,,Falstaff" (1893) und Otto Nicolais Oper ,,Die lustigen Weiber von Windsor" (1849) - der freilich ein von Nicolai und dem Librettisten Mosenthal stark zusammengestrichenes Libretto zugrunde liegt - die häufigst gespielte Oper nach Shakespeare.

0900 0800 0137

 

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