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Entstehung:

1594-1596

Buchhändlerregister:

8. Oktober 1600

Erste Veröffentlichungen:

1600 1. Quarto - 1619 2. Quarto - 1623 im Ersten Folio

Erste Aufführungen

: vom 1. Quarto als ,,bereits mehrmals aufgeführt" bezeichnet, 1604 am Hofe

Informationen

Der Sommernachtstraum

a.k.a. Ein Mittsommernachtstraum

Keines von Shakespeares Dramen gibt sich so auf den ersten Blick als ein Festspiel zu erkennen wie der Sommernachtstraum" - das genialste Festspiel, das die Weltliteratur kennt. Aber bis heute ist es noch nicht gelungen, mit Sicherheit das Fest zu bezeichnen, das dem jungen Dichter den Anlaß zu seiner Schöpfung bot. Die Hochzeit des Theseus und der Hippolyta bildet den Rahmen für das Stück; am Schluß segnen die Elfen das Haus der Neuvermählten.

Eine vornehme Hochzeit zu feiern war offenbar Shakespeares Absicht.

Die des Grafen von Essex, auf die man zunächst hingewiesen hat, 1590, fällt für den Stil des Lustspiels zu früh, die des Grafen von Southampton, 1598, zu spät. Am ehesten paßt noch die Hochzeit des Grafen von Derby, die am 24. Januar 1595 stattfand, oder die von Sir Thomas Heneage am 2. Mai 1594. Zu beiden kann Shakespeare Beziehungen gehabt haben.

Der erstere war der Bruder des wenige Monate vorher verstorbenen Protektors seiner Schauspieler - Truppe, der letztere heiratete die Mutter des Grafen von Southampton, dem Shakespeare eben damals seine beiden epischen Dichtungen widmete. Im Stücke selbst hat man verschiedene Anspielungen auf die erste Aufführung finden wollen.

Die sicherste davon ist wohl die in der ersten Szene des zweiten Aufzugs, wo der Elfenkönig eine ,,holde Vestalin, thronend fern im Westen" erwähnt, auf die Cupido vergebens seinen Liebespfeil abschnellt: das geht ganz klar auf die Königin Elisabeth, die es liebte, daß man ihre Jungfräulichkeit in poetischen Bildern pries.

Demnach war die Königin bei dem Feste anwesend, für das der ,,Sommernachtstraum" verfaßt ist. Das würde gut passen zur Hochzeit des Grafen von Derby, die im königlichen Schlosse zu Greenwich gefeiert wurde. Hier hatte Shakespeares Truppe eben während der Weihnachtsfeiertage 1594/95 vor Elisabeth mehrere Stücke aufgeführt.

Dagegen war Sir Thomas Heneage zur Zeit seiner Verheiratung in Ungnade, so daß die Königin gewiß nicht zu seiner Hochzeit nach Titchfield hinausgekommen ist. Ebenso paßt eine zweite Anspielung zwar zur Not auf die Hochzeit im Januar 1595, aber gar nicht auf die am 2. Mai 1594. Titania wirft Oberon vor, daß er in seinem Ärger die Spiele ihrer Elfen immer gestört habe seit Sommers Anfang (since middle summer's spring), daß seither unerhörte Regengüsse die Fluren überschwemmen und die Saaten verfaulen lassen. Tatsächlich berichten uns die Zeitgenossen, daß im Sommer 1594 gewaltige Regenmassen in England niedergingen, aber erst im Mai und noch mehr im Juni und Juli, wo es fast täglich regnete. Natürlich konnte Shakespeare, wenn er sein Stück für den 2. Mai dichtete, davon noch nichts wissen, und im März und April waren zwar heftige Winde, aber nur an einem Tage ein mächtiger Regenguß zu verzeichnen.

Hat er daher diese außerordentlichen Witterungsverhältnisse im Auge - und das ist sehr wahrscheinlich, da die Worte der Titania nicht durch die Situation gefordert sind -, so kann er nur für das spätere Datum geschrieben haben. Aber auch hier passen die Worte der Titania nicht ganz: nach dem Monat Juli hatte sich das Wetter geändert und die Frucht war noch gut geworden; ,,den Menschenkindem fehlte" also nicht ,,die Winterlust ," wie es Vers 101 heißt.

Die Anspielungen auf den Monat Mai, in dem die Hochzeit des Theseus gefeiert wird, scheinen nicht viel zu bedeuten, da sie Ulter sind als Shakespeares Stück. Der Titel ,,A Midsummer Night's Dream" würde eher auf die Sonnwendnacht 1594 weisen, denn da war es sinnig, die noch heute sprichwörtliche Verwirrung der Geister in dieser Nacht, die Sonnwendtollheit, zum Gegenstand eines Festspiels zu machen. Auch die Worte über den bösen Sommer würden da am besten passen. Aber wir wissen von keiner vornehmen Hochzeit, die an diesem Tage stattgefunden hat. So sind wir über das genaue Datum auch dieses Stückes noch im unklaren.

Aber es kann kein Zweifel bestehen, daß 1594 bis 1595 als Entstehungszeit anzusehen ist.

Es ist das reifste der Lustspiele, die unter dem direkten Einfluß Lylys geschrieben sind, es steht zwischen den drei Erstlingskomödien, den ,,Irrungen", den ,,Beiden Veronesem", ,,Verlorene Liebesmüh", einerseits und dem ,,Kaufmann von Venedig" anderseits. Als Shakespeare daran ging, dieses Festspiel zu schreiben, lag ihm die Geschichte von ,,Pazamon und Arcitus" im Sinn, die Chaucer seinen Ritter erzählen läßt. Sie war auch dramatisch behandelt worden in einem alten Lustspiel von 156G, und eben jetzt, fast gleichzeitig mit dem ,,Sommernachtstraum", im September 1594 hatte die Admiralstruppe ein Stück desselben Inhalts auf die Bühne gebracht. Shakespeare braucht aber nicht durch dieses Stück auf die Geschichte der beiden thebanischen Edelleute hingewiesen worden zu sein. Er las seinen Chaucer gerade in der Zeit besonders eifrig, wie verschiedene Anklänge beweisen. Und er hatte ja schon in seinen ,,Beiden Veronesern" dieselbe Erzählung - vielleicht das ältere Lustspiel - herangezogen. Chaucer schildert im Eingang die Hochzeit des Theseus, des Herzogs von Athen, mit der Amazonenfürstin Hippolyta. Dann erzählt er von zwei Vettern, Palamon und Arcitas, die sich beide an einem Maimorgen in dieselbe edle Dame, die Schwester der Hippolyta, verlieben, so daß ihre Freundschaft in tödlichen Haß verwandelt wird.

Nachdem sie jahrelang getrennt waren, begegnen sich die Rivalen.

Der Herzog Theseus mit seiner Gemahlin und einer großen Jagdgesellschaft zieht am Morgen des 1. Mai in den grünen Wald hinaus, um nach altem Brauch den Mai zu feiern. Dort trifft er die beiden Verliebten im grimmigen Streit.

Der Herzog setzt einen Gerichtstag an, wo ein Zweikampf den Fall entscheiden soll.

Das alles konnte Shakespeare für sein Lustspiel brauchen.

Aber dabei fiel ihm natürlich sein früheres Stück von den ,,Beiden Veronesern" ein, und er brachte auch hier in die Theseusfabel zwei Liebespaare, deren Liebeswirren wie dort das eigentliche Thema des Stückes werden. Nur wird hier die Verwirrung noch verstärkt, aber auch die glückliche Lösung herbei geführt durch Liebeszauber höherer Mächte. Shakespeare lernt immer noch von Lyly, er übernimmt von ihm Motive und führt sie mit größerer Wahrheit durch.

Und in Lylys Komödien ist es ja nichts Seltenes, daß Götter und Nymphen in der Menschen Liebesleben eingreifen. Gerade daß der ,,Sommernachtstraum" ein Festspiel werden sollte, stellte ihn aber auch an die Seite der höfischen ,,Masken", und daher hat nun Shakespeare die Idee bekommen, die Elfenwelt einzuführen.

Denn in diesen barocken Aufführungen waren Feen und Elfen schon mehrmals vorgekommen: der Dichter Thomas Churchyard hatte 1578 in der Stadt Norwich zwölf Elfen auftreten lassen; die Elfenkönigin mit einem Gefolge von Elfen tanzte vor Elisabeth in einem Maskenspiel zu Elvetham 1591. Oberon, der König der Elfen, spielte aber auch zweifellos eine wichtige Rolle als Beschützer der Liebenden in dem 1593 aufgeführten Drama ,,Huon von Bordeaux", das Shakespeare wohl nicht unbekannt geblieben ist. Es behandelte, wie der allein erhaltene Titel zeigt, den-selben Stoff wie Wielands Oberon-Dichtung. Ebenso müssen wir ein so berühmtes Werk wie Spensers ,,Feenkönigin" mit seinen von Feen belebten Waldlandschaften bei Shakespeare als bekannt voraussetzen.

Der Glaube an die Existenz der alt-germanischen Elfen, mit denen man die keltischen Feen der französischen Romane vermischt hatte, war damals noch allgemein im Volke verbreitet, namentlich die Erregung der Träume schrieb man ihnen zu. Es waren nächtliche kleine Wesen, dem Menschen bald freundlich gesinnt, wie die Heinzelmännchen oder Robin Goodfellows, bald boshaft wie die Irrwische, die den Wanderer in die Sümpfe locken. Sie müssen Shakespeare in der kleinen Landstadt Stratford von Jugend auf vertraut gewesen sein. Aber er selbst hat ihnen für alle Zeiten eine feste Gestalt gegeben durch seinen ,,Sommernachtstraum"; denn unsere heutigen Vorstellungen von den Elfen gehen in der Hauptsache auf diese wunderbare Dichtung zurück. Das halbgelehrte Mittelalter hatte an Oberons Stelle Pluto und seine Gemahlin Proserpina über das Elfenreich gesetzt. Auch die Renaissance erkannte neben dem König eine Königin der Elfen an: aber ihr Name ist unbestimmt. In ,,Romeo und Julia" erzählt Shakespeare von der unfaßlich zarten Königin Mab. Jetzt gibt er ihr den Namen Titania, den er aus Ovid kannte. Daß dort Titania eine Nymphe der Diana war, hatte wohl keinen weiteren Einfluß auf seine gar nicht schulmäßige Mythologie.

Das Verhältnis des Königs zur Königin ist ganz frei von Shakespeare erfunden und ganz menschlich aufgefaßt.

Auch der Kobold Droll, wie Bürger den Namen Puck verdeutscht hat, der als Robin Goodfellow die Elfen in Beziehung zu den Menschen repräsentiert, ist als eine Art Hofnarr in den königlichen Haushalt Oberons eingereiht. Er ist natürlich die volkstümlichste Figur des Elfenreichs, seine gutmütig-boshaften Streiche haben ihn bei alt und jung bekannt gemacht. Sowohl Puck als die übrigen Elfen werden uns in winzigster Kleinheit geschildert, wozu freilich die Darstellung auf der Bühne, trotzdem man dafür gewiß kleine Knaben wählte, einen unvermeidlichen Gegensatz bildete. Mit klassischen Elementen vermischt Shakespeare seinen Elfenmythus bei dem Liebeszauber des Stiefmütterchens, das die englischen Landmädchen ,,Lieb-im-Müßiggang" nennen. Ein ähnlicher Liebeszauber kommt in dem Diana-Roman des Portugiesen Montemayor vor, den der Dichter vor sich hatte, als er seine ,,Beiden Veroneser" schrieb. Die Ähnlichkeit im Thema dieses Lustspiels mit dem ,,Sommernachtstraum" mag ihm auch seine damalige Quelle wieder ins Gedächtnis gerufen haben.

Aber er macht Cupido nur zum Urheber der Zauberkraft des Blümchens, im Stück selbst ist Droll an die Stelle des blinden Götterknaben getreten, der, vom Zufall geleitet, durch ein Wunder Liebe in den Menschenherzen erweckt.

Daß Shakespeare bei Oberons Schilderung der wundersamen Konstellation mit der Meerjungfer auf dem Delphin, deren süßem Gesang zuliebe viele Sterne aus ihren Sphären schossen, an die Feste gedacht habe, die Lord Leitester vor zwei Dezennien der von ihm begehrten Königin im Schlosse Kenilworth gegeben hatte, ist eine Hypothese des Bischofs Warburton, die sehr viele Anhänger gefunden hat. Tieck hat im Vorspiel seines ,,Dichterlebens" den Knaben Shakespeare an diesen Festen teilnehmen lassen, die ja auch Walter Scott das Thema zu seinem berühmten Roman geliefert haben.

Außer den Elfen verdankt Shakespeare den höfischen Maskenspielen auch den Teil seines Personals, der zu jenen zarten Wesen im schärfsten Gegensatz steht, die Rüpel. Wenn die Kavaliere mit ihren Damen als Götter und Helden gespielt und getanzt hatten, dann trat ihnen.. eine Schar von ungeschlachten Barbaren oder Bauern gegenüber und tanzte ihren derben Rüpeltanz.

Das ist im Sommernachtstraum sogar bis auf den Tanz dieser ,,Antimaske" direkt übernommen. In ,,Verlorener Liebesmüh" hatten noch beide Teile, ,,Maske" und ,,Antimaske", regelrecht ihren Aufzug veranstaltet. Hier ist die ,,Maske" das Stück selbst, die ,,Antimaske" nur führt noch ein ,,Schauspiel im Schauspiel" auf.

Aber was hat Shakespeare aus der steifleinenen Satire der Antimaske geschaffen!

Zettels Theaterprobe - sie ist vielleicht mit einem Lächeln über die Passionsspiele und St. Georgs Aufführungen der kleinen Landstädte geschrieben, die der Stratforder Bürgerssohn selbst gesehen hatte.

Die Geschichte von Pyramus und Thisbe, die die biederen Handwerker zur Darstellung bringen, wurde Shakespeare durch Chaucer nahegelegt, der sie in seine ,,Legende von guten Frauen" einschloß. Er kannte sie aber auch von der Schule her aus Ovids ,,Metamorphosen". Das Mißgeschick der Liebenden, die durch ein kleines Versehen beide nacheinander allzu rasch in Verzweiflung und Tod getrieben werden, erinnert allerdings bedenklich an den Schluß von ,,Romeo und Julia", so daß man direkt eine Selbstpersiflage des Dichters darin finden wollte. Da er sich aber beidemal einfach an seine Vorlage hielt, ist dies nicht notwendig.

Die Verliebtheit der Titania in den eselsköpfigen Zettel mag auf den vielgelesenen prächtigen Roman des Apuleius vom ,,Goldenen Esel" zurückgehen. Der Eselskopf als Zeichen der Lächerlichkeit ist aber ein uralter Mimenwitz, der sich von den Römern her das ganze Mittelalter hindurch lebendig erhalten hatte und als Schulspott erst in den letzten Jahren vergessen ging.

So ist der ,,Sommernachtstraum" mit seinem von lustigster Phantasie gemischten Zusammenspiel der verschiedensten Ele-mente Shakespeares originellstes Drama geworden. Genial ist die Art wie die vier - oder, wenn wir Pyramus und Thisbe mitrechnen, sogar fünf - Liebespaare unter sich und mit den Elfen und Rüpeln zu einem unlöslichen Ganzen verflochten sind, wie alle Räder dieses Wunderwerks so natürlich inein-ander greifen, und wie, obgleich der Parallelismus nach Lylys Vorschrift streng gewahrt ist, die übermütigste Abwechslung herrscht. Theseus, Oberon, die beiden Mädchen, vor allem auch der unsterbliche Zettel, sind Charakterskizzen, die das Stück über die drei Jugendlustspiele emporheben.

Nicht ohne Grund ist der ,,Sommernachtstraum" das erste Drama Shakespeares, das einen bedeutenden deutschen Dichter anzog.

Schon 1665 bearbeitete Andreas Gryphius die Rüpelszenen als ,,Herr Peter Squenz", wie er den Peter Quint umtaufte. Der ,,Sommernachtstraum" war es auch, an dem sich Schlegel noch in Göttingen unter Bürgers Einfluß zum ersten Male als Shakespeare-Übersetzer bewährte. Er hat eine Übertragung in Alexandrinem 1789 ausgeführt und diese dann, angeregt durch Schiller und Goethe, 1795 und 96 in fünf-füßige Jamben umgegossen. Wielands metrische Übersetzung (entstanden 1761) ist von ihm, wie der Vergleich zeigt, mit Nutzen herangezogen worden.

Auf der deutschen Bühne ist das Lustspiel immer beliebt gewesen. Es gehört zu den Stücken, die in freier Waldesluft, in einem Naturtheater am besten zur Wirkung kommen.

Das Stück ist öfters vertont worden. So hat Henry Purcell eine Bearbeitung Bettertons in Töne gesetzt. Heute wird das Stück, zum mindesten in Deutschland, fast immer mit der Musik von Mendelssohn zusammen gespielt.

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