Entstehung: |
1599-1600 |
Buchhändlerregister: |
4. 8. 1600 (,,a book to be staied") |
Erste Veröffentlichungen: |
1623 im Ersten Folia |
Erste
Aufführungen |
Aufführungen im frühen
17. Jahrhundert nicht zuverlässig bekannt. |
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Informationen
Wie Es Euch Gefällt
Das Lustspiel ,,Wie es Euch gefällt" wurde zusammen
mit ,,Viel Lärm um nichts" und ,,König Heinrich
V." am 4. August 1600 ins Buchhändlerregister eingetragen.
Keines der drei Stücke wurde zum Druck freigegeben. Die
Forschung vermutet: wegen unklarer Eigentumsverhältnisse.
Während ,,Viel Lärm um nichts" und ,,König
Heinrich V." noch im gleichen Jahr in Quarto erschienen,
wurde ,,Wie es Euch gefällt" erst 1623 im Folio
veröffentlicht.
Im Stil steht es ,,Viel Lärm um nichts" und ,,Was
Ihr wollt" nahe; von Meres wird es nicht erwähnt.
Es enthält eine Zeile aus Marlowes Versepos ,,Hero und
Leander", erschienen 1598, ,,O Schäfer, nun kommt
mir dein Spruch zurück, wer liebte je und nicht beim
ersten Blick!" Das begründet die Ansicht der Forschung
über die Datierung. Dem Stück ,,Wie es Euch gefällt"
liegt der Roman von Thomas Lodge ,,Rosalinde" (1590)
zugrunde.
Der Titel von Lodges Stück, ,,Rosalinde; des Euphues
goldenes Vermächtnis, gefunden nach seinem Tode in seiner
Zelle zu Silexedra", deutet auf den berühmten Roman
,,Euphues" von John Lyly als Vorbild hin. Lylys verschnörkelte
Sprache und dichterische Architektonik ist hier nachgeahmt.
Thomas Lodge fußt auf der ,,Erzählung von Gamelyn"(1350),
die zu den Chaucer-Apokryphen gehört und in die ,,Canterbury
Tales" in die Geschichten der Pilger als die Erzählung
des Kochs eingegangen ist.
Dieser Gamelyn ist der jüngste der drei Söhne des
Ritters Johann von Boundys.
Nach des Vaters Tode bemächtigt sich der Erstgeborene
des Erbes Gamelyns und sucht den Jüngling, der ihm ein
lästiger Mahner ist, dadurch aus dem Wege zu schaffen,
daß er ihn gegen einen berühmten Ringkämpfer
auftreten läßt. Aber der starke Gamelyn bleibt
Sieger und kehrt mit einer Rotte von Freunden zum väterlichen
Gutshofe zurück.
Durch heuchlerische Freundlichkeit weiß ihn der Bruder
zu betören, so daß er seine Anhänger wegschickt.
Dann aber läßt ihn der Falsche als toll an die
Hallensäule binden.
Mit Hilfe eines treuen Dieners, Adams, des Verwalters (Spensers),
befreit sich Gamelyn und verprügelt die zum Festgelage
in der Halle versammelten Herren und Pfaffen, die seiner gespottet
haben. Dann entflieht er mit Adam in den freien Wald, wo Robin
Hood mit seinen Gesellen herrscht. Von dort aus gelingt es
ihm später, in den Besitz seines Erbes zu kommen.
Diese derb volkstümliche Behandlung des Stoffes paßte
nicht mehr zu dem Geschmack am Hof der Elisabeth, wo John
Lyly und Sir Philip Sidney (Arcadia) einen barock-schäferlichen
Ton eingeführt hatten.
Der Dichter Thomas Lodge hat deshalb den mittelalterlichen
Versroman von Gamelyn zu der Erzählung ,,Rosalinde"
umgeschaffen. Wie schon sein Titel andeutet, hat er das für
die höfische Dichtung der Renaissance unentbehrliche
Element der Liebe eingeführt: sein Held, Rosader, Sohn
des Herrn Johann von Bordeaux, verliebt sich in die schöne
Rosalinde. Diese, die seine Liebe erwidert, ist die Tochter
des vertriebenen Königs von Frankreich und mit Alinda,
der Tochter des Usurpators innig befreundet. Als daher Rosalinde,
von dem argwöhnischen König ebenfalls verbannt,
ihren Vater aufsuchen will, der jetzt im freien Walde hofhält
wie König Arthur, flieht Alinda heimlich mit ihr zusammen:
sie hat den Namen Aliena angenommen, Rosalinde hat Pagenkleider
angezogen und nennt sich Ganymed.
Draußen im Wald finden sie Verse an den Bäumen,
in denen ein Schäfer mit Namen Montanus seine Liebe zu
der spröden Phöbe klagt. Aliena kauft die Schäferei,
sie und Ganymed kleiden sich als Schäfer und Schäferin
und führen täglich ihre Schafe zur Weide.
Inzwischen ist auch Rosader mit dem treuen Adam Spenser der
Tyrannei des Bruders entflohen in denselben Ardenner Wald
- den sich Lodge zwischen Bordeaux und Lyon denkt -; sie irren
umher und sind dem Verschmachten nahe, als Rosader die Tafelrunde
des verbannten Fürsten trifft und, ebenso wie bei Shakespeare,
für Adam Speise von ihnen fordert. Er wird in ihren Kreis
freundlich aufgenommen und lebt nun im Walde, die Bäume
mit Sonetten zu Rosalindens Preise beschreibend.
Ganymed und Aliena finden die Verse und treffen schließlich
Rosader selbst.
Dieser besucht sie wiederum in ihrer Hütte, und Ganymed
fordert den verliebten Rosader zu einem Liebesspiel auf, in
dem er selbst die Rolle der Rosalinde übernehmen wolle.
Rosader geht darauf ein, und Aliena erteilt als Priester im
Spiel dem Paar den Segen. Unterdessen wird auch der Bruder
Rosaders, Saladin, aus Frankreich verbannt - der Usurpator-König
steht dabei, anders als bei Shakespeare, durchaus auf Seiten
Rosaders - und sucht nun reumütig den vertriebenen Bruder
auf. Auch er kommt in den Ardenner Wald, wird hier schlafend
von einem Löwen bedroht, aber von dem hinzukommenden
Rosader gerettet.
Eine Räuberbande will Aliena entführen, Saladin
befreit sie und erwirbt dadurch ihre Liebe. Inzwischen verliebt
sich die Schäferin Phöbe, die gegen alle Liebesschwüre
des Montanus spröde bleibt, in den schönen Ganymed,
als er sie wegen ihrer Hartherzigkeit gegen den treuen Liebhaber
tadelt.
Alles klärt sich, als Aliena mit Saladin im Kreise des
verbannten Königs getraut wird. Rosalinde tritt wieder
in weiblicher Kleidung auf, so daß der König die
Tochter, Rosader die Braut gewinnt; aber auch Montanus wird
glücklich, weil Phöbe versprochen hatte, ihn zu
nehmen, wenn ihre Liebe zu Ganymed schwinde.
Um das Maß vollzumachen, erscheint jetzt auch noch
der zweite Bruder Rosaders, Ferdinand, und berichtet, daß
die Pairs von Frankreich im Aufstand gegen den Usurpator seien.
All die jungen Männer ziehen mit dem rechtmäßigen
König in den Kampf, in dem dieser den Thron wieder erringt.
Lodges Roman ist 1590 erschienen. Shakespeare, der als Lustspieldichter
wiederum Lylys Spuren folgte, fand hier sehr wenig zu verändern.
Der Aufbau war parallel geführt: wie der Vasall, des
Erbes beraubt, in den Wald zieht, so auch der Fürst;
wie Rosader eine Braut findet in der Königstochter, so
auch sein Bruder in der Tochter des Usurpators; den höfischen
Liebespaaren tritt ein schäferliches zur Seite, dem verliebten
Rosader der verliebte Montanus, beide ihre Sonette an die
Bäume heftend; wie Rosader und Adam im Walde herumirren,
so Rosalinde und Alinda. Shakespeare hat diesen Parallelismus
noch etwas verstärkt, indem er auch die Fürsten
zu feindlichen Brüdern macht und auch hier den Schuldigen
nicht durch die Kraft der Waffen, sondern durch innere Reue
zum Verzicht auf seinen unrechten Besitz bringt.
Dadurch wird das ritterliche Moment, das bei Lodge wie in
Sidneys ,,Arcadia" neben dem Schäferlichen immer
wieder zum Vorschein kam, ganz zurückgedrängt. Er
hat die Räuberbande gestrichen, die im Idyll des Waldes
keinen Platz mehr hatte. Was dabei an Motivierung für
die Handlung verlorengeht - Aliena verliebt sich nicht mehr
in ihren Lebensretter, sondern in einen elenden Flüchtling
-, das wird ersetzt durch die einheitlichere Stimmung, die
dem Märchen schon nahekommt.
Aus diesen Gründen, und weil es für die Handlung
nicht in Betracht kam, hat Shakespeare auch z. B. das dem
Ringkampf vorhergehende ritterliche Turnier nicht auf die
Bühne gebracht, das von Lodge erwähnt wird. Keineswegs
darf man daraus den Schluß ziehen, daß Shakespeare
neben Lodges Erzählung auch noch ein Manuskript der alten
Gamelyn-Erzählung benutzt habe.
Gleichwohl ist denkbar, daß er es kannte. Das wird
auch nicht dadurch wahrscheinlich gemacht, daß Lodge
den Standesnamen Adams, Spenser, stets als Zunamen gebraucht,
wie es bei Bürgersleuten üblich war, während
ihn Shakespeare wegläßt. Shakespeare hat auch in
den historischen Stücken die Namen der Quelle meistens
abgekürzt.
Die anderen Namen hat er auch alle verändert, mit Ausnahme
von Rosalinde, Ganymed, Aliena und Phöbe. Warum er das
getan hat, ist schwer zu sagen. Den Helden nennt er Orlando:
offenbar fiel ihm bei den Versen, die an den Bäumen des
Waldes angebracht sind, eine ähnliche Situation aus Robert
Greenes romantischem Drama ,,Orlando furioso" ein, wo
Orlando auch Verse, die sich auf seine angebetete Angelica
beziehen, an den Bäumen im Walde findet.
Die Gesellschaft des verbannten Fürsten, von der Shakespeare
den kriegerischen Zug weggenommen hat, bildet er nun um zu
einem Kreis von Lebenskünstlern: es sind mehr die Genossen
von Robin Hood als von König Arthur, sie führen
ein fröhliches Jägerleben wie im goldenen Zeitalter.
Shakespeare hat vier Figuren hinzuerfunden: Jacques, Prob-Stein,
Wilhelm und Käthchen. Jacques, den melancholischen Philosophen,
dessen Pessimismus nirgends Grund zur Freude sieht: Er liest
die Welt nur wie ein Buch und macht seine Glossen dazu. Insofern
hat man in ihm einen Vorläufer Hamlets gesehen. Probstein
bildet einen Gegenpol zu Jacques. Er ist der Hofnarr und begleitet
die beiden Fürstentöchter auf der Wanderschaft.
Jacques und Probstein bilden den Chor des Dramas, Probstein
greift als Träger der Komik daneben noch in das Stück
ein und wird eine der tragenden Figuren.
Im Folio finden wir ihn in der 2. Szene des 1. Aktes als
Clown bezeichnet, während er in der 4. Szene des 11.
Aktes erstmalig ,,Clown, alias Touchstone" heißt.
Er ist der einzige Narr bei Shakespeare, der einen Beinamen
trägt. Die Goldschmiede benützten lange einen Probierstein
(touchstone), um Gold auf seine Reinheit zu prüfen.
In der 3. Szene des 11. Aktes des Stückes ,,Perikles"
wird die Bedeutung und Anwendung erklärt in dem Satz
,,. . . eine Hand . . . die Gold zur Probe dem Probierstein
reicht." Das legt die Folgerung nahe, daß der Clown
in ,,Wie es Euch gefällt" durch eine Berührung
im übertragenen Sinne Aufschluß geben soll über
das Berührte.
Diese Zusammenhänge sind bisher nicht beachtet und daher
nicht untersucht worden, zweifellos deswegen, weil Alchemie,
Chemie und Mineralogie in den naturwissenschaftlichen Bereich
gehören. Shakespeare hat in dem Bauerntölpel Wilhelm
und Käthchen ein weiteres Paar hinzuerfunden.
Man liest in Kommentaren über ,,Wie es Euch gefällt"
häufig die Feststellung, Wilhelm und Käthchen seien
für den Verlauf des Stückes bedeutungslos und könnten
ebensogut weggelassen werden.
Man sollte sich hüten, gerade bei Shakespeare, in dessen
Werk wir noch so viele ,,dunkle" Stellen nicht deuten
können, hieraus den Schluß zu ziehen, daß
damit auch die Szene an sich nichts aussage.
Das bekannteste Lied aus diesem Stück, ist ,,It was
a lover and his lass" das von Thomas Morley (1550-1604)
vertont worden ist. Es wurde zum ersten Male 1600 veröffentlicht
in einem Buch ,,The First Book of Airs or Little Short Songs
to be Sung and Played To The Lute and the Base Viol".
Berühmt geworden sind späterhin ,,Under the Greenwood
Tree", vertont von Dr. Thomas Ame für eine Aufführung
von ,,Wie es Euch gefällt" im Jahre 1741 im Drury
Lane Theater (Dr. Arne 1710-1778) und ,,Blow, blow, thou Winterwind"
ebenfalls von Dr. Arne vertont.
Das Lustspiel eignet sich fast noch mehr als ,,Der Sommernachtstraum"
zur Aufführung im Freien. Es wirkt dort noch frischer
und lebensvoller als im geschlossenen Theater.
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