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Entstehung:
1607-1608
Buchhändlerregister:
8. November 1623
Erste Veröffentlichungen:
1623 im Ersten Folia
Erste Aufführungen
Aufführungen im frühen 17. Jahrhundert nicht zuverlässig bekannt.

Informationen

Coriolan

Über die Entstehungszeit des ,,Coriolan" gibt uns kein äußeres Zeugnis Aufschluß. So bleibt uns nur der Stil des Dramas als Mittel zur Datierung übrig, der es unmittelbar hinter ,,Antonius und Kleopatra",an das Ende der tragischen Periode in Shakespeares Schaffen stellt.

Der Dichter nimmt in dieser Zeit seinem Vers gegenüber eine durchaus souveräne Stellung ein. Er skandiert nicht mehr wie in der früheren Zeit, er spricht den Vers wie Prosa. Dadurch hört der Einzelvers auf, ein abgeschlossenes Ganzes zu bilden; das Enjambement, das Hinüberlesen in die folgende Zeile, druckt sich so stark aus, daß sogar vortonige Wörter wie Konjunktionen und Präpositionen, Wörter wie ,,und", ,,in", ,,von" am Schluß des Verses stehen können.

Es wird nur noch auf die ganze Rede gesehen, das Gefüge der einzelnen Zeile ist gelockert. Der Vers nähert sich stark der Prosa. Dadurch wird Realismus gewonnen, geht Pathos verloren.

Wir haben fast keine Spur mehr von Lyrik im ,,Coriolan".

Diese Änderung tritt in ,,Antonius und Kleopatra" deutlich zutage, ist aber in ,,Coriolan" noch stärker ausgebildet. So kommt man auf die Jahre 1607-1608 als Entstehungszeit des Dramas.

Als Quelle dienten dem Dichter Norths Übersetzungen von Plutarchs ,,Leben des Coriolan" und William Camdens 1605 erschienene ,,Überreste eines größeren Werkes über England", in dem Shakespeare des Menenius Fabel von dem ,,Magen und den Gliedern" ausführlicher fand als bei Plutarch und Livius. Plutarch zeigte, daß es nicht die tatkräftigen Plebejer sind, die auf den Mons Sacer ausziehen, um dort den Patriziern zum Trotz ein neues Rom zu gründen, sondern ein willenloser, ungehobelter Proletenhaufen, wie ihn Plutarch in der Sklavenbevölkerung der kaiserlichen Metropole sah.

Shakespeare folgt, wie immer, seinem Gewährsmann und arbeitet die Gegensätze noch mehr heraus. Seine Plebs ist noch elender, feiger als die des Plutarch, seine Patrizier sind tapferer, edler. Wir finden den Londoner Mob wieder, den der Dichter über anderthalb Dezennien früher als Gefolgschaft des Rebellen Jack Cade in ,,Heinrich VI." gezeichnet hatte, einen Haufen, dessen ganzes Interesse sich im eigenen Magen konzentriert,dessen Patriotismus nie weiter reicht als von heute auf morgen, das rohe, dumme, große Tier, aufgereizt vom Stachel gewissenloser Demagogen.

Man darf bei Shakespeare nicht die demokratischen Anschauungen der nachrevolutionären Zeit voraussetzen.

Der Individualist der Renaissance verachtet die träge Masse derer, die sich aus Mangel an Tatkraft nicht emporgearbeitet haben aus dem niederen Sumpf des Elends.

Wie der Dichter von den Plebejern dachte, zeigt nichts so klar als die paar Zeilen, die die Soldaten Coriolans bei dem Sturm auf Corioli sprechen: "..sie sind ein feiges, beutegieriges Gesindel, das immer nur von kurzsichtigem Egoismus geleitet ist..."

Die Tribunen sind von Plutarch fast ebenso abfällig beurteilt wie von Shakespeare: ,,geschäftige Schwätzer, die das Wohlwollen des Volkes durch Schmeichelreden suchten". Shakespeare macht sie zu kleinlichen, eifersüchtigen Strebern, die in perfider Weise jede schwache Seite des Gegners ausnützen, um ihn zu verderben; die das Volk verachten, dem sie schmeicheln.

Durch solche Gegner wird uns der stolze Charakter des Helden um vieles verständlicher.

Dieser ist von Shakespeare einfacher, größer gezeichnet als von dem griechischen Philosophen.

Bei Plutarch ist Coriolan ein Mann von trefflichen Gaben ohne Erziehung: nur die Mutter hat Einfluß auf ihn, nicht die anerkannten Führer des Staats. Shakespeare schafft ihn um zu dem tapfersten Krieger, der nur seinen Unmut über die Erbärmlichkeit der Massen nicht zügeln kann. Die moderne Kritik hat Coriolan vielfach Unrecht getan. Er ist vor allem tapfer, und er verachtet und bekämpft überall die Feigheit: nur die Tapferkeit soll belohnt werden, deshalb darf der feige Haufe der Plebs nicht dieselben Rechte haben wie die Ritterschaft, die sich im Felde bewährt hat.

Der Tapferkeit im Kriege entspricht die unbedingte Wahrhaftigkeit im Staatsleben.

Diese Wahrhaftigkeit, die es ihm unmöglich macht zu lügen, da schön zu tun, wo er verachtet, bringt ihn ins Verderben in einer Welt, in der Worte oft mehr gelten als Taten. Erst als sich Coriolan von allen verlassen sieht, wendet er sich gegen den Staat selbst: er findet nur noch die Feigheit im Vaterlande und wird dessen Feind, um als solcher unterzugehen. Daß er kein Politiker ist, macht ihn in Shakespeares Augen des Mitleids gewiß nicht unwürdig. Er ist eine große, edle Natur, die von einer kleinen, egoistischen Welt ins Unrecht getrieben wird.

Das Verhältnis Coriolans zu seiner Mutter hat Shakespeare aus seiner Quelle herübergenommen, wo er auch schon die Rede der Volumnia, die den Sohn zur Pflicht gegen die Vaterstadt zurückruft, vorgebildet fand. Aber während Plutarch es als eine Schwäche Coriolans auffaßt, daß er allein dem Wort der Mutter folge, ist dies bei Shakespeare nur einer der edelsten Züge in seinem Charakter.

Ganz Eigentum des Dramatikers ist die Gestalt der Virgilia, der Gattin Coriolans. Ihre stille Weiblichkeit - ,,mein süßes Schweigen" nennt sie ihr Gemahl - bildet einen der schönsten Gegensätze zu dem Heldensinn der altrömischen Matrone, die an Tapferkeit ihrem Sohne gleichkommt, an Klugheit ihn weit übertrifft.

Von den übrigen Gestalten interessiert am meisten die des alten Senators Menenius, der durch seinen nüchternen Verstand wie durch seinen feinen Witz immer wieder den Tribunen und der Plebs zu imponieren weiß. Shakespeare stellt gern seinen leidenschaftlichen Helden einen verständigen Freund zur Seite.

Das Stück enthält verhältnismäßig viel Prosa. In Prosa spricht natürlich das Volk, sowie die gemeinen Soldaten, außer wo sie offiziell reden, und die Diener.

Aber auch die häusliche Szene zwischen Coriolans Mutter, Gattin und Söhnchen und der sie besuchenden Valeria, eine bürgerliche, unpathetische Szene, ist in Prosa gehalten. Und schließlich bedient sich auch Menenius nur selten des pathetischen Blankverses.

Das Werk enthält einige falsche zeitliche Einordnungen, so den Ausruf ,,Amen, Amen" (11, 3). Ebenda (11, 1) spricht Menenius auch von dem berühmten Arzt Galen (200 n. C.).

Auf der Bühne erfreut sich ,,Coriolan" nicht derselben Beliebtheit wie ,,Julius Cäsar", obwohl der einfache Charakter des Helden und die Geschlossenheit des Stückes bei der Aufführung glänzend zur Geltung kommen.

Berühmt wurde Beethovens Ouvertüre zu ,,Coriolan", die der Komponist für die Nachdichtung Heinrich Josef von Collins (1804) schrieb.

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